Kritik
Abgedruck in der BNN am 8 juli 1999
Theatergruppe des MGB spielte Dürrenmatt
25 Jahre Theatergruppe des Melanchthongymnasiums Bretten - da sollte es schon etwas Besonders sein, was die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis 13 unter Anleitung von Dr. Eberhard Schallhorn dieses Jahr auf die Bühne stellen wollten! Und es gelang ihnen: Mit der grotesken Verbrecherkomödie "Frank V." von Friedrich Dürrenmatt spielten sie ihrem Publikum die haarsträubende Geschichte der Privatbank "Frank" vor.
Die Mitarbeiter von Bankdirektor Frank V. (René Reinhardt) und seiner Ehefrau Ottilie (Barbara Streibl) werden immer weniger, der Bankkeller füllt sich dafür mit immer mehr Leichen. Zuletzt ereilt Frieda Fürst (Hanna Neuschi) dieses Schicksal durch ihren Dauerverlobten, den Personalchef Egli (Svea Unbehaun), wenn er auch zugeben muß: "Es fällt mir schwer, Frieda. Wirklich." Allerdings ist die Dezimierung der Belegschaft das eigentliche Ziel von Frank und Ottilie, denn sie wollen die Bank liquidieren und nun noch einmal Geld anhäufen, um sich dann einen schönen Lebensabend auf einer Insel gönnen zu können. Da alle Mitarbeiter aber Mitwisser sind, müssen sie verschwinden. Beide scheuen auch nicht davor zurück, unter dem Deckmantel der Freundschaft ihrem ohnehin todkranken Prokuristen Paul Böckmann (Matthias Ganninger) die letzte Spritze zu geben. Aber vorher noch verkündet er Dürrenmatts Mahnung: "In jeder Stunde hätten wir umkehren können, in jedem Augenblick unseres bösen Lebens."
Dürrenmatt stellt einen typischen Geschäftstag in der Bank dar: Die Prostituierte Frieda macht sich an reiche Kunden heran - was ihr mit ihrem roten Kußmund und den falschen Wimpern bei dem Kanonenfabrikanten Schlumpf (Nils Brummund) nicht schwerfällt. Päuli Neukomm (Christina Bier) hat den Auftrag, dem Uhrenfabrikanten Piaget (Falko Schröder) wertlose Aktien eines unrentablen Bergwerkes zu verkaufen, und Egli selbst dreht der Hotelbesitzerin Apollonia Streuli (Nina Schöttle) in betrügerischer Absicht eine Brandversicherung an.
Aber alles geht schief: Frieda wird sentimental und begnügt sich mit der Hälfte des Preises. Das Bergwerk erweist sich als reiches Uranbergwerk, das Piaget zwar tödlich verstrahlt, ihn aber trotzdem über den günstigen Kauf jubeln läßt. Gleichermaßen glücklich erscheint Frau Streuli wieder auf der Bühne, von Brandwunden gezeichnet und von Verbänden eingehüllt, aber reich: Ein Blitzschlag machte den Betrug unnötig, zahlen muß die Frank-Bank. Um in letzter Verzweiflung zu retten, was noch zu retten ist, wollen Frank, Päuli, Egli und der Schalterbeamte Gaston Schmalz (Denise Kratzmeier) den Tresor ausräumen. Sie treffen sich im Keller, wo jeder jedem mißtraut und den anderen bedroht. Während sie laut, schwungvoll und schunkelnd das "Lied von der Anständigkeit" singen - eines von vielen, alle einfühlsam am Klavier begleitet von Ariane Sauer - wird Schmalz erschossen: Er hatte den Tresor schon vorher allein geöffnet.
Zu allem Überfluß wird die Bank nun auch erpreßt: Millionen werden von einem gefordert, der alles weiß. Der Betrüger stellt sich als Herbert heraus (Irene Schallhorn), Franks Sohn, der mit seiner Schwester (Hanna Neuschi) beschlossen hat, die Alten davonzujagen und das Erbe anzutreten. Das gelingt gründlich. Die Verbrechen Franks V. sind zwar groß, die Verstrickungen seiner Bank mit der Politik aber noch größer, und deshalb wird sie in jeder Weise entschuldigt. Der Staatspräsident selbst übergibt Ottilie einen Scheck - der allerdings auf den neuen Bankchef ausgestellt ist. So bleiben Frank und Ottilie gescheitert und bettelarm zurück.
Ein optischer Schmaus war das Bühnenbild (Anne Martus), aufgeteilt in eine Bankschalterhalle mit prächtigen Säulen und das "Café chez Guillaume", wo Guillaume (Stephanie Kurz) unverdrossen servierte. Die einfühlsame Beleuchtung (Steffen Sauter, Julia Kampe, Julia Morsch) tauchte das Geschehen in harmonisches Licht. Liebevoll und sorgfältig gestaltete Masken (Franziska Bierer, Lara Rinderspacher, Irene Schallhorn, Nina Schöttle) gaben den Personen ihre je eigene Note und schufen zuweilen groteske Eindrücke. Und wenn der Text mal hakte, halfen die beiden "Youngsters" der Theatergruppe, Manuela Gemmrig und Jennifer Richter, von ihren Souffleusenstühlen aus nach. Das Stück mündete in ein grandioses Gruppenbild, das die Harmonie spiegelte, die in der großen Gruppe in jedem Augenblick der Aufführung zu spüren war. Diese Inszenierung reihte sich nahtlos an die erfolgreichen Aufführungen der letzten Jahre -und das Publikum dankte mit herzlichem Beifall.