Eröffnung des 29. Deutschen Schulgeographentages Berlin 2004

 

Eröffnungsrede von Eberhard Schallhorn,

1. Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schulgeographen

 

Verehrte Ehrengäste,

sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich erkläre für den Verband Deutscher Schulgeographen den 29. Deutschen Schulgeographentag in Berlin 2004 unter dem Motto „Zwischen Kiez und Metropole – Zukunftsfähiges Berlin im neuen Europa“ für eröffnet.

Dieser Deutsche Schulgeographentag steht unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der uns in seinem Grußwort bestätigt hat: „Der Geographieunterricht trägt dazu bei, die Entwicklungen in der Welt genauer wahrzunehmen und besser zu verstehen. Ob Umweltprobleme, Verstädterung, Minderheitenkonflikte oder Rohstoffmangel – das sind Themen, die uns alle angehen. Je früher Menschen dafür sensibilisiert werden, desto differenzierter und verantwortungsvoller können sie handeln.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie hier in Berlin alle herzlich als Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses 29. Deutschen Schulgeographentages. Sie sind die gewichtigste Gruppe, die Anteil an einem solchen Kongress hat: Ein Nichts wäre ein Schulgeographentag ohne Teilnehmer, natürlich.

Ich freue mich, dass Sie selbst es sich ermöglicht haben und dass es Ihnen ermöglicht wurde, diese bedeutendste Fortbildungsveranstaltung der deutschen Schulgeographie zu besuchen.

Ich betone wieder, weil ich überzeugt davon bin: Die Beurlaubung zum Deutschen Schulgeographentag lohnt sich für Sie, die Teilnehmenden, und wirkt später positiv zurück auf Ihre Schule und Ihre Schülerinnen und Schüler.

Wer als Schulbehörde Sie hierher beurlaubt hat, bekommt eine informierte und neu motivierte Lehrkraft zurück. Zu kurz denkt der, der fortbildungswilligen Kolleginnen und Kollegen die Teilnahme versagt hat.

Informieren, reflektieren, orientieren – auch dieser Deutsche Schulgeographentag  soll Ihnen das bieten und ermöglichen, was auf dem Schulgeographentagsbanner fixiert ist:

Sie, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sollen sich

– über den Stand der Schulgeographie in Praxis und Theorie informieren können, um über das breite Spektrum von Unterrichtsinhalten, -möglichkeiten und -materialien Bescheid zu wissen und es für den eigenen Unterricht zu nutzen sowie ihre gewonnenen Kenntnisse an die Kollegenschaft in der eigenen Schule weiter zu geben

– Sie sollen in der Diskussion mit Gleichgesinnten und fachlich gleichermaßen wie Sie Engagierten die Möglichkeit finden, den Stand und die Aufgaben der Schulgeographie sowie ihren eigenen Unterricht zu reflektieren, um durch Evaluation und Korrektur neue Sicherheit und Zuversicht für ihren Unterricht und in ihrem Beruf zu finden, und

– Sie sollen sich über den aktuellen Stand des Schulfachs Geographie und von Schule allgemein orientieren können, um ihren Unterricht zeitgemäß den fachlichen, methodischen und pädagogischen Erfordernissen unter Berücksichtigung der Kultusvorschriften ihres Landes anzupassen.

Ich wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Ihnen das alles zu Ihrer Zufriedenheit gelingen möge.

Der Deutsche Schulgeographentag ist heute einer der beiden großen Kongresse der deutschen Geographie. Er wird  veranstaltet vom Verband Deutscher Schulgeographen und in seinem Auftrag vorbereitet und organisiert durch den Ortsausschuss.

Mein herzlicher Dank für die sorgsame und umsichtige Vorbereitung am Veranstaltungsort gilt dem Ortsausschuss um seine Vorsitzende und zugleich 1. Vorsitzende des Landesverbandes Berlin im Verband Deutscher Schulgeographen, Frau Katrin Matthies, und an das gesamte Team, das sie um sich geschart hat. Endlich werden die Gedanken Wirklichkeit, die Sie alle sich über die Gestaltung des Kongresses gemacht hat. Sie sehen Ihre Planung verwirklicht. Mögen auch Sie schließlich trotz oder auch gerade wegen der Mühen der vergangenen Zeit mit Wohlgefallen Ihr Werk betrachten. Herzlichen Dank!

Besonders dankbar hervorheben möchte ich das reichhaltige Angebot an Exkursionen zwischen Kiez und Metropole und weit darüber hinaus. Wir Geographen haben es gut: Können wir uns doch an die greifbare, wenngleich manchmal nicht mehr so ganz begreifbare Wirklichkeit auch dann halten, wenn  pädagogische, didaktische oder bildungspolitische Höhenflüge die schnöde Schulwirklichkeit nur noch aus weiter Ferne, damit in sehr kleinem Maßstab und deshalb arg vereinfacht wahrnehmen lassen.

Ich freue mich und bedanke mich dafür herzlich, dass der Ortsausschuss entscheidende Unterstützung gefunden hat durch die Humboldt-Universität Berlin in Person von Herrn Professor Dr. Wilfried Endlicher  vom Geographischen Institut und seinen Kolleginnen und Kollegen. Hier erweist sich auch der Zusammenhalt der Hochschul- und Schulgeographie, wie er sich seit 1996 in der Deutschen Gesellschaft für Geographie manifestiert.

Unermüdliche Unterstützung bei allen organisatorischen Fragen hat Frau Dr. Christine Titel geleistet. Auch ihr gilt unser herzlicher Dank.

In den Dank schließe ich ausdrücklich die Angehörigen, Freundinnen und Freunde aller ein, die an der Vorbereitung beteiligt waren. Sie mussten und müssen noch  Verzicht üben, den das ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter im Ortsausschuss neben der täglichen Belastung durch den Hauptberuf erforderte und erfordert. Aber Licht erscheint am Ende des Tunnels, die Zeit des Wartens auf den anderen oder die andere ist zum Glück bald vorbei.

Mein Willkommensgruß und unser Dank geht von hier aus auch an alle eher im Hintergrund bleibenden Förderer und an die  Verlage, die – so scheint es – erneut keine Mühen gescheut haben, Sie, die Teilnehmenden, umfassend über das Lehr- und Lernmittelangebot zu informieren. Herzlichen Dank dafür.

Die Lehrbücher, Atlanten und Unterrichtsmaterialien für das Fach Geographie geben beredtes Zeugnis ab für die Attraktivität und Aktualität unseres Faches. Wir alle müssen in diesen Zeiten aber aufpassen, dass wir durch die besonderen, oft sehr raschen, wenn nicht gar manchmal übereilten Aktivitäten der Kultusbehörden nicht dazu verleitet werden, Schulbücher herauszugeben, bei denen die Zeit zur sorgfältigen Durchsicht fehlte. In einem neuen Schulbuch für die 5. Klasse des Gymnasiums las ich kürzlich beispielsweise über die Zeit von 1949 bis 1990, und ich zitiere: „Westberlin gehörte zur BRD, Ostberlin war Hauptstadt der DDR.“

Unser Verband hat eine gute Tradition, was die Darstellung Deutschlands in geographischen Schulbüchern anbelangt. Wenn die Historiker heute durchaus erstaunt feststellen, dass sich Geschichte im Raum abspielt, so ist sich die Geographie schon immer darüber wohl bewusst, dass der Raum ohne die historische Dimension nicht zu verstehen ist. Dazu müssen wir uns bekennen und auch dazu beitragen, dass die vergangene Wirklichkeit weder vereinfacht noch verfälscht wird. Genauigkeit und Reflexion, auch über den heutigen Gebrauch vielleicht früher einsichtiger Abkürzungen, müssen gerade die Darstellung im Schulbuch begleiten.

Und wenn ich schon einmal beim Korrigieren bin, das uns Lehrern ja in Fleisch und Blut übergegangen ist und uns nicht loslässt, was wir auch tun: Das Motto dieses Schulgeographentages bezieht mit seiner Formulierung „Zukunftsfähiges Berlin im neuen Europa“ wie schon in Wien vor zwei Jahren Europa mit ein. Bei allen Schwierigkeiten, die es bei der Bestimmung der Grenzen und der Einteilung Europas gibt: Die jüngste Erweiterung der Europäischen Union betrifft nicht ost-, sondern weitgehend mitteleuropäische Länder. Unser Nachbarland Polen liegt nicht in Osteuropa, schon gar nicht in Mittelosteuropa, wie ich immer wieder in überregionalen, angesehenen Zeitungen lesen oder auch in den Nachrichten von Radio und Fernsehen hören kann, sondern im östlichen Mitteleuropa, in Ostmitteleuropa. Wenn Sie so etwas lesen: Werden Sie auch in dieser Beziehung Ihrer geographischen Verantwortung gerecht und schreiben Sie einen Leserbrief an die Zeitung, in dem Sie darauf hinweisen, dass wohl nicht Warschau in Mittelosteuropa liegt, sondern eher Moskau. Nomen est omen, heißt es, und mit der richtigen Bezeichnung wird auch deutlich, dass diese Länder nicht „janz weit draußen“ – j.w.d. – liegen, sondern Nachbarn sind oder zumindestens in eher nachbarschaftlicher Nähe liegen.

Dieser Kongress ist auf die Schule hin orientiert, wo der Grundstein gelegt wird für den Erfolg und die Anerkennung der Disziplin Geographie insgesamt.

Die deutsche Hochschulgeographie und die anderen Teilverbände der deutschen Geographie, die in der Deutschen Gesellschaft für Geographie verbunden sind, auch die anderen Geowissenschaften und die geowissenschaftlichen Fakultäten der deutschen Hochschulen haben inzwischen immer  mehr verstanden: Ohne eine starke und lebendige Schulgeographie schwächelt die deutsche Geographie insgesamt.

Stark ist die Geographie dann, wenn sie in allen Jahrgangsstufen und in allen Schularten mit zwei Wochenstunden vertreten ist. Das ist in den Schulen der deutschen Ländern bisher nicht verwirklicht. So lange ich jedoch in der Verbandsarbeit engagiert bin, auf Landes- und auf Bundesebene immerhin seit nunmehr 22 Jahren, besteht diese Forderung  – und ich habe sie bereits von meinen Vorgängern übernommen. Sie ist deshalb nicht falsch, sondern bleibt völlig richtig und entspricht internationalem Standard. Wir mögen auch durchaus hier und da Erfolge hin zu diesem Ziel erreicht haben, die dann allerdings oft durch Misserfolge woanders kompensiert wurden – insgesamt bietet sich aber weiterhin ein gespaltenes Bild:

Einerseits wird allseits anerkannt, dass die Inhalte der Geographie unverzichtbare Bildungsinhalte in der Schule sind. Ich habe anfangs aus dem Grußwort unseres Schirmherrn zitiert, in dem gerade das zum Ausdruck kommt.

Andererseits wird genau so allseits am Bestand des Schulfachs Geographie gerüttelt und gesägt, und Ausnahmen bestätigen hier nur die Regel. Traditionelle Inhalte der Geographie, und oft gerade die, die die Schülerinnen und Schüler von unserem Fach am stärksten ansprechen, verschwinden in anderen Fächern oder in überfachlichen Bereichen, manchmal völlig.

Und das betrifft nicht nur den gymnasialen Bereich:

In Baden-Württembergs Grundschulen ist mit Beginn dieses Schuljahres das bisherige Fach „Heimat- und Sachkunde“ in einen Fächerverbund übergeführt worden, in dem die weitgehend auch geographischen Inhalte der Heimat- und Sachkunde mit den Fächern Musik, Kunst, Werken und Geschlechtserziehung aufgehen. Da passt so Einiges nicht zusammen.

Vielleicht kann unser aller Ziel, die geographische Bildung zu verbessern, heute nicht mehr nur am Schulfach festgezurrt werden.

Es gibt eine Vielzahl von Bereichen in der Schule und in der Öffentlichkeit in unserem Umfeld, die durch die Mitwirkung der Geographie zur geographischen Bildung beitragen können, z. B.:

Der Kollegenausflug könnte zeitweise zu einer geographischen Exkursion umgestaltet werden,

das Schuljahr könnte unter das Motto eines Kontinents gestellt werden, und alle Fächer tragen das Ihre dazu bei,

die Eltern könnten zu einer geographischen Stadtexkursion eingeladen werden: Die Mainzer Geographen geben mit ihrer „Geographie für alle“ ein nachahmenswertes Beispiel, das über die Schule hinausgreift.

Aktuelle Ereignisse könnten durch das Fach Geographie als Ausstellung im Schulgebäude aufgearbeitet werden. Viele Zeitungen bieten den Schulen Mitarbeit in der Sparte „Zeitung in der Schule“ an – und die von den Schülern erstellten Berichte können sich lohnend mit geographischen Inhalten beschäftigen.

Die Fachabteilung Geographie könnte mit schulexterner Unterstützung bei der Abschlussfeier einen Preis für die beste Schülerin oder den besten Schüler im Fach Geographie stiften.

Im Schulprogramm sollte die Bedeutung geographischer Bildung für die jeweilige Schule festgehalten und zugleich formuliert werden, welchen besonderen Beitrag gerade diese spezielle Schule dazu leisten will.

Ich erinnere hier auch daran, dass die Preisträger im Bereich „Geo- und Raumwissenschaften“ des Bundeswettbewerbs „Jugend forscht“ schöne, aber durchaus nicht extravagante geographische Arbeiten abgeliefert haben – beispielsweise eine Kartierung der Innenstadt unter der Fragestellung, wie die Attraktivität erhöht werden könnte, oder eine Luftbildkartierung. Und auch der „Bundesumweltwettbewerb“ ist unter Geographielehrern noch weitaus zu wenig bekannt. Beide Wettbewerbe unterstützt der Verband Deutscher Schulgeographen mit Sonderpreisen. Die aktuellen Preisträger sind hier in Berlin mit ihren Arbeiten anwesend.

Genau so, wie eine starke Schulgeographie die anderen Bereiche der Geographie positiv beeinflussen kann, wirken die Hochschul- und die angewandte Geographie sowie die Geographiedidaktik an den wissenschaftlichen und pädagogischen Hochschulen und den Lehrerausbildungsseminaren durch die Qualität ihrer Arbeit und durch ihre Öffentlichkeitsarbeit entscheidend auf die Schulgeographie zurück.

Die deutschen Geographen ziehen alle an einem Strang. Alle müssen in einer pluralistischen Gesellschaft gleichermaßen durch die Qualität ihrer Arbeit wirken, darüber professionell berichten und durch Sachverstand beeindrucken. Nur so kann es gelingen, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden und in ihr ein eigenständiges Gewicht zu gewinnen.

Der Zusammenhalt in der deutschen Geographie durch das Wirken der DGfG hat sich aus der Sicht der Schulgeographie in den vergangenen zwei Jahren – seit meiner letzten Bestandsaufnahme im Rahmen des Deutschen Schulgeographentages in Wien vor zwei Jahren – weiter verbessert.

Und doch: Nicht nur manchmal komme ich mir als Vertreter unseres großen Schulfach-Verbandes vor wie ein Goldhamster in seinem Laufrad, der mit flinken Beinchen nächtelang rennt und rennt – und doch nicht von der Stelle kommt.

Wir sind uns mit der Öffentlichkeit darin einig, dass Geographie in der Schule unverzichtbar ist. Wir wissen, dass diese Einsicht nicht in Übereinstimmung zu bringen ist mit dem bildungspolitischen Handeln in den meisten Ländern.

Deshalb lassen Sie mich heute nicht die Forderung erneut beschwören und begründen, warum wir mindestens zwei Stunden Geographie in allen Schularten für angemessen halten, um geographische Bildung in der Bevölkerung zu implementieren. Erlassen Sie es mir aufzuzählen, was das Schulfach Geographie leisten kann und leistet. Ihnen als engagierte Experten dürfte das ohnehin nicht fremd sein. Zudem liegt es in unserem „Memorandum“ Ihren Tagungsunterlagen bei, das auch in der Öffentlichkeit weit verbreitet worden ist.

Gestatten Sie mir einen anderen Gedankengang:

Das Bestreben der DGfG, die deutschen Geographinnen und Geographen und mit ihnen die Schulgeographen und -geographinnen gemeinsam an einem Strick und in die gleiche Richtung ziehen zu lassen, ist richtig und unumkehrbar. Nur eine große gesellschaftliche Gruppe wird heute überhaupt öffentlich wahrgenommen. Noch immer sind wir nicht so weit: Wir sind weder groß, noch werden wir öffentlich wahrgenommen. So wichtig, wie wir ihn wahrnehmen, wird unser Kongress von anderen nicht gesehen. Die, die wir aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bei uns heute begrüßen wollten, haben sich entschuldigt. Zugegeben, es ist Sonntagnachmittag, aber es ist auch unser Sonntagnachmittag.

Liebe Schulgeographinnen und Schulgeographen, Sie sind mit Ihrem Verband die größte Gruppe im Dachverband der deutschen Geographen, der DGfG, der Deutschen Gesellschaft für Geographie. Das ist nicht so, weil die anderen Teilverbände weniger geschickt in der Mitgliederwerbung sind, sondern weil es eben mehr Lehrerinnen und Lehrer als Hochschulangehörige und Angewandte Geographen gibt. Übrigens gibt es noch weit mehr Geographielehrerinnen und –lehrer als Mitglieder in unserem Verband sind. Hier ist durchaus noch erfolgversprechende Mitgliederwerbung denkbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Tätigkeit an den Schulen ist nicht denkbar ohne die Tätigkeit Ihrer eigenen Lehrer in der Schule früher, ohne Ihre Lehrerinnen und Lehrer in der Hochschule und an den Seminaren. Sie wirken in Ihrem Schulalltag darauf hin, dass auch neue Geographinnen und Geographen nachwachsen. Einer baut auf dem anderen auf. Die Deutsche Gesellschaft für Geographie ist ohne Sie, die Geographinnen und Geographen an den Schulen, überhaupt nicht lebensfähig.

Wenn wir der Meinung sind, dass die Geographie an der Schule nur stark sein kann, wenn die deutsche Geographie insgesamt stark ist, dann dürfen wir nicht nur mit dem Finger auf die anderen zeigen: Wir erinnern uns an die Mahnung des ehemaligen Bundespräsidenten Heinemann, dass drei Finger auf einen selbst zurückweisen, wenn der Zeigefinger auf jemanden zeigt.

Zur Zeit trägt jede und jeder von uns im VDSG mit 4 Euro zur Finanzierung der DGfG bei. Pro Jahr! – das sind monatlich 33 Cent für die Geographie in Deutschland. Der Beitrag der Mitglieder der anderen Teilverbände an die DGfG ist zum Teil erheblich höher, ihr jeweiliger Gesamtbeitrag aber doch geringer als der des VSDG, weil wir, der VDSG,  eben die meisten Mitglieder haben. Insgesamt – und das wird in der Gesamtvorstandssitzung und in der Delegiertenversammlung genauer zu besprechen sein – reichen die Eigenmittel der DGfG nur mit Mühen für das Allernotwendigste aus.

Erwarten wir damit zurecht, dass die DGfG schlagkräftig als Vertreterin der deutschen Geographie unsere Positionen in der Öffentlichkeit vertritt

  • durch Präsenz bei wichtigen Veranstaltungen,
  • durch Publikationen,
  • durch Unterstützung der Verwirklichung von innovativen Ideen,
  • durch kontinuierliche Pressearbeit?

Erwarten wir damit für die 33 Cent pro Jahr nicht zu viel – oder ist uns die Stärkung des Dachverbands der deutschen Geographie nicht mehr wert? Hierüber bitte ich Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren und entsprechende Schlussfolgerungen in die Gremien Ihrer Landesverbände einzubringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kann sich die deutsche Geographie zu Zeiten von Reformen allerorten der eigenen Reform verschließen? Müssen wir nicht noch mehr wegkommen von der Wahrung der eigenen Teilverbands-Interessen innerhalb der deutschen Geographie, wenn wir doch einsehen, dass nur geschlossenes Auftreten wenigstens Aussicht, und nur das: Aussicht! auf Erfolg bietet?

Als 1990 der damalige 1. Vorsitzende unseres Landesverbandes Bremen, Herr Gerd Feller, die Ansicht äußerte, dass es vielleicht sinnvoll sein könnte, den Deutschen Geographentag und den Deutschen Schulgeographentag zu einer großen Veranstaltung der deutschen Geographie zusammenzulegen, wurde der Vorschlag – auch von mir – erst einmal beiseite gelegt. Mit Stirnrunzeln bedachte ich auch Frau Kraas, Lehrstuhlinhaberin in Köln, die im „Rundbrief“ vor einiger Zeit den gleichen Vorschlag machte.

Inzwischen meine ich, dass wir alle diesen Vorschlag unvoreingenommen, sine ira et studio, prüfen sollten.

Es gab gute Gründe dafür, den Deutschen Schulgeographentag neben dem Deutschen Geographentag zu veranstalten. Die Zeiten haben sich aber gewandelt und sind im Wandel. Deshalb gibt es heute ebenso gute Gründe dafür, beide Geographentage wieder zusammen zu führen.

Wir als Schulgeographinnen und Schulgeographen würden nichts verlieren, sondern die große Tradition unseres Schulgeographentages in die Veranstaltung „Deutscher Kongress für Geographie“ einbringen – und wir würden von der noch engeren Zusammenarbeit mit der Hochschulgeographie und der Angewandten Geographie profitieren und hautnah den aktuellen Stand der Geographie als Wissenschaft erfahren.

Es gilt, nichts zu überstürzen, aber auch, nichts auf die lange Bank zu schieben. Entscheidende Veränderungen müssen von den Beteiligten und Betroffenen auch mental, möglichst auch mit dem Herzen getragen werden. Der Deutsche Schulgeographentag 2006 wird geplant, und die Deutschen Geographentage 2005 und 2007 sind an Hochschulstandorte vergeben. Aber dann vielleicht?

Alles das, liebe Kolleginnen und Kollegen, mögen Sie unter dem Gesichtspunkt überdenken, dass Deutschland im Jahre 2012 in Köln Gastgeber des Internationalen Geographenkongresses sein wird, erst zum zweiten Male überhaupt nach 1899, als der Internationale Geographenkongress hier in Berlin tagte.

Die deutsche Schulgeographie wird bei dem Kölner Kongress wahrscheinlich wichtige Rollen zu übernehmen haben, beispielsweise die Durchführung des Schülerwettbewerbs „International Geographical Competition“, bei dem unsere Mannschaft im Sommer dieses Jahres in Gdynia so gut abgeschnitten und eine Silbermedaille geholt hat. Oder durch besondere geographische Aktivitäten in den einzelnen Schulen. Im Jahre 2012 wird der Verband Deutscher Schulgeographen seinen 100. Geburtstag feiern; er wurde am 1. Januar 1912 von Professor Dr. Hermann Haack in Gotha gegründet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der 21. Deutsche Schulgeographentag fand im Jahre 1988 unter der Vorstandschaft von Hans W. Friese in Salzburg statt, der 26. Deutsche Schulgeographentag in Wien ist uns allen noch als großer fachlicher und gesellschaftlicher Erfolg in guter Erinnerung. Beide Schulgeographentage hatten ihren Ortsausschuss, und der Vorsitzende beider Ortsausschüsse war unser österreichischer Kollege Professor Franz Forster.

Lieber Herr Forster, ich habe beide Schulgeographentage in Salzburg und Wien miterleben dürfen, und beide sind mir in wunderbarer Erinnerung. Sie haben mit Ihren österreichischen Kolleginnen und Kollegen insbesondere in Wien den ganzen Charme der österreichischen Geographie den deutschen Gästen zu Füßen gelegt – und dafür haben wir Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen gedankt, und dafür sind wir weiterhin dankbar.

Ihre herausragende Unterstützung bei der Planung, Organisation und Durchführung der Tagungen haben den Gesamtvorstand dazu bewogen, Ihnen als erstem Ausländer, der inzwischen eigentlich einer von uns ist, eine besondere Auszeichnung zuteil werden zu lassen. Ich möchte Ihnen daher heute und jetzt in besonderer Dankbarkeit die Goldene Ehrennadel in memoriam Hermann Haack überreichen. Dass mir das möglich ist, darüber freue ich mich mit Ihnen.

„Der Verband Deutscher Schulgeographen e. V. verleiht Herrn Professor Franz Forster in dankbarer Anerkennung und Würdigung seiner Verdienste um die geographische Bildung und Umwelterziehung in Deutschland und Österreich sowie um die freundschaftliche Zusammenarbeit der Schulgeographie in beiden Ländern die „Goldene Ehrennadel in memoriam Hermann Haack“. Berlin, am 26. September 2004. Dr. Eberhard Schallhorn, 1. Vorsitzender, Dr. Frank-M-Czapek, 2. Vorsitzender.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Teilnehmer am 29. Deutschen Schulgeographentag, damit wünsche ich Ihnen nochmals einen ertragreichen, angenehmen Aufenthalt im Kiez, in der Metropole und in ihrer näheren und weiteren Umgebung!29

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